Lou Reed, Berlin 1973
Kommerziell war dieses Album zumindest ein wenig erfolgreicher als ‚Metal Machine Music‘.
Nebenbei bemerkt: Weiter unten wird man sehen, dass dieses wohl der einzige Blog weltweit ist, der es schafft Heiner Geissler und Lou Reed in einen Kontext zu stellen.
Sein Vorläufer ‚Transformer‘ mit dem Überhit ‚Walk On The Wild Side‘ war im Laden momentan nicht vorrätig und dieses war das neue Album und auch gerade an just diesem Tag reingekommen, sogar ein wunderschönes Heftchen mit Texten und Infos war enthalten. Was konnte schiefgehen? Es war das allererste Album von Lou Reed, das sich in meine Plattensammlung verirrte. Viele Alben von ihm sollten noch folgen. Es hat aber einen besonderen Stellenwert unter all diesen Alben, LPs oder CDs. „Berlin” war und ist definitiv anders als sein poppiger Vorgänger, den ich wenige Tage später dann zusätzlich erstand. Düster, melancholisch, eine Beziehungsgeschichte, die mit dem Selbstmord der Protagonistin – Caroline – endet und doch so bittersüß, behutsam und auch bedeutungsschwer.
Die Musiker: Jack Bruce, Dick Wagner, Aynsley Dunbar, Steve Winwood, Steve Hunter & andere. Eine Meisterklasse. Die einzelnen Stücke also meisterhaft begleitet und arrangiert.
Einige Titel hatten schon seinerzeit die Velvet Underground in Demo-Sessions aufgenommen. ‚Oh Gin‘ wird zu ‚Oh Jim‘, ‚Stefanie Says‘ wird zu ‚Caroline Says II‘ und auch von ‚Sad Song‘ und ‚Men of Good Fortune‘ gibt es schon frühere Versionen, diese haben aber wenig mit den Versionen auf ‚Berlin‘ zu tun. Im Falle von ‚Men Of Good Fortune‘ weichen Text und Melodie komplett ab, so dass letztendlich nur der Titel bleibt.
Wie schon angedeutet war das Album kommerziell im Erscheinungsjahr wenig erfolgreich und auch Ziel schlechter Kritiken. So schrieb der Rolling Stone: „(The album) is a disaster, taking the listener into a distorted and degenerate demimonde of paranoia, schizophrenia, degradation, pill-induced violence, and suicide. There are certain records that are so patently offensive that one wishes to take some kind of physical vengeance on the artists that perpetrate them.“
Mit den Jahren wurde dieses Album von der Kritik immer stärker akzeptiert und gilt heute als eine der wichtigsten Veröffentlichungen von Lou Reed. Zumindest genau so wichtig wie ‚Metal Machine Music‘, ein Album das ich damals hätte behalten sollen, ok – es war die reinste Kakophonie, aber der Sammlerwert übertrifft den von Berlin um einiges.
So einzigartig und so morbide. Jeder ging anders mit dem Album um. Hass, Liebe, Verachtung, Selbstmitleid und Mitleid. Was auch immer. Und ein Song der „Men of Good Fortune“ heißt und einfach die gefühlte Sinnlosigkeit des Strebens nach sozialer und/oder materieller Gerechtigkeit auf den Punkt bringt, so einen Song muss man auch erst einmal schreiben. Oder, wie Heiner Geissler im Jahr 2013 sinngemäß sagte: „Es gibt auf der Erde Geld wie Dreck, es haben nur die falschen Leute.“
Men OF Good Fortune
Men of good fortune, often cause empires to fall
While men of poor beginnings, often can’t do anything at all
The rich son waits for his father to die
The poor just drink and cry
And me I just don’t care at all
Men of good fortune, very often can’t do a thing
While men of poor beginnings, often can do anything
At heart they try to act like a man
Handle things the best way they can
They have no rich daddy to fall back on
Men of good fortune, often cause empires to fall
While men of poor beginnings, often can’t do anything at all
It takes money to make money they say
Look at the Fords, but didn’t they start that way
Anyway, it makes no difference to me
Men of good fortune, often wish that they could die
While men of poor beginnings want what they have
And to get it they’ll die
All those great things that live has to give
They wanna have money and live
But me, I just don’t care at all
Men of good fortune
Men of poor beginnings
©Lou Reed 1973, RCA Records
ChatGPT über dieses Album:
Das Album „Berlin“ war für Lou Reed persönlich ein äußerst wichtiges und gleichzeitig sehr kontroverses Werk in seiner Karriere. Es wurde 1973 veröffentlicht und unterschied sich stark von seinen vorherigen Alben, besonders im Vergleich zu seinem zuvor sehr erfolgreichen „Transformer“-Album.
„Berlin“ ist ein Konzeptalbum, das eine düstere und tieftraurige Geschichte erzählt. Es handelt von einem jungen Paar, Jim und Caroline, und ihren problematischen Beziehungen und Lebensumständen. Die Songs auf dem Album sind intensiv und behandeln Themen wie Drogenmissbrauch, Gewalt und Verlust. Die Musik ist geprägt von orchestralen Arrangements und melodischen Balladen, die einen starken Kontrast zu den früheren, oft härteren Rock-Songs von Lou Reed bilden.
Der Stellenwert von „Berlin“ für Lou Reed persönlich war enorm. Er betrachtete das Album als sein „Meisterwerk“. Es war eine künstlerische Abkehr von kommerzieller Popmusik und ein Versuch, anspruchsvollere und ernstere Themen in seiner Musik zu behandeln. Allerdings wurde das Album bei seiner Veröffentlichung von Kritikern und dem Publikum nicht gut aufgenommen, was Lou Reed sehr enttäuschte.
Im Laufe der Jahre hat „Berlin“ jedoch an Ansehen gewonnen und wird heute oft als eines der besten Alben von Lou Reed angesehen. Es wird für seine poetischen Texte und die emotionale Tiefe geschätzt. Lou Reed selbst hat später betont, wie wichtig dieses Album für seine künstlerische Entwicklung und seine persönliche Reife war.
„Berlin“ ist ein Album, das die künstlerische Reife und die Vielschichtigkeit von Lou Reed als Musiker und Songwriter zeigt, auch wenn es anfangs nicht die Anerkennung erhielt, die es verdiente.
Tracks:
Berlin
Lady Day
Men of Good Fortune
Caroline Says I
How Do You Think It Feels
Oh, Jim
Caroline Says II
The Kids
The Bed
Sad Song
